Verband transparent
 
 

Strategische Überlegungen zum kontrollierten Abbau von Überkapazitäten, um die Kleingartenorganisationen in den betroffenen Bundesländern handlungsfähiger zu machen

  1. Ausgangslage:
    • Kleingartenwesen als wichtiger sozialer, ökologischer und kultureller Faktor in einer Kommune
    • zunehmende Schieflage zwischen Angebot und Nachfrage im ländlichen Raum durch die Auswirkungen der demografischen Entwicklung und einem veränderten Freizeitverhalten
    • Entwicklung von unkontrolliertem Leerstand, welcher zunehmend existenzbedrohende Ausmaße für viele Kleingartenanlagen annimmt

Fazit: Dringender Handlungsbedarf zur Umgestaltung der Kleingartenanlagen

 

  1. Probleme im Umgang mit den Überkapazitäten
    • leergefallene Parzellen sind meist hinsichtlich der Rückbauhaftung von Pächtern verjährt
    • Rückbautitel sind wegen Mittellosigkeit der Pächter oft nicht durchsetzbar
    • leerstehende Parzellen verwildern zunehmend; Pflegekapazitäten der Vereine unzureichend
    • brachliegende Parzellen sind willkürlich über die Fläche der Kleingartenanlage verteilt

Fazit: Rückbauregelungen des Bundeskleingartengesetzes sind oft nicht mehr anwendbar

 

  1. Symptome und Begleiterscheinungen der Fehlentwicklung
    • zunehmende Verwahrlosung von Parzellen – Kleingartenanlagen werden in Gänze unattraktiv
    • fehlende Rücklagen der Kleingartenvereine – Entsolidarisierung der Vereinsmitglieder
    • keine Bereitschaft der Kommunen zur Rücknahme von verpachtetem Land
    • zögerliche Übernahme von Verantwortung in den Vereinsvorständen wegen zunehmender Perspektivlosigkeit und der Gefahr persönlicher Haftung

Fazit: Vereine sind aus eigener Kraft heraus nicht mehr in der Lage die Probleme zu lösen

 

  1. Handlungsansätze auf den verschiedenen Ebenen des Kleingartenwesens

4.1 Kleingartenvereine

  • qualifizierte, handlungsfähige Kleingartenvorstände
    • wirksame Ehrenamtsförderung
    • Qualifikationsprogramme für Vereinsvorstände
  • Bildung von Investitionsrücklagen in den Kleingartenvereinen
    • regelmäßiger, kontrollierter Abbau von Überkapazitäten
    • Nutzung von Förderprogrammen (kommunale Programme, LEADER, Regionalbudget, Stiftungen) zur Attraktivierung der Kleingartenanlagen
  • Öffnung der Kleingartenanlagen für das gesellschaftliche Leben in der Kommune
    • Öffentlich zugängliche Gemeinschaftsanlagen, Projekte, Kooperationen, Veranstaltungen
    • Öffentliche Wege, Projekte zur Artenvielfalt und Erlebbarkeit von Obst- und Gemüseanbau
  • wirksames, vorausschauendes Parzellenmanagement zur Herausbildung zusammenhängender herauslösbarer Nutzflächen
    • Verpachtung nur noch in zukunftsfähigen Teilen der Kleingartenanlagen
    • konsequenter Rückbau in perspektivisch herauszulösenden Pachtflächen der Anlage
    • Prüfung der Möglichkeiten von Umzügen innerhalb der Kleingartenanlagen

4.2 Kommunen

  • Erarbeitung von Stadt- und Dorfentwicklungskonzepten mit einer festen Komponente Entwicklung des Kleingartenwesens in der Kommune
    • Modifizierung der Förderrichtlinien Städtebauförderung und Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE) für Entwicklungskonzepte mit einem Pflichtbestandteil Kleingartenwesen
    • intensive Einbindung der Kleingartenvereine und dessen Verbandsstrukturen in die Erarbeitung der Entwicklungskonzepte
  • Kommunale Förderprogramme
    • Rückfluss der Pachtgelder in kommunale Förderprogramme (Rückbau von Überkapazitäten; Entwicklung von Gemeinschaftsprojekten und in den Vereinen
    • institutionelle Förderung von Verbandsstrukturen im Kleingartenwesen
  • Öffnung der Städtebauförderrichtlinie für das Kleingartenwesen
    • Einbindung von Kleingartenanlagen in Sanierungsgebiete und Erhaltungsgebiete für Städtebaufördermittel
    • Nutzung von durch den Bund zur Verfügung zu stellender pauschaler Rückbaumittel analog den Rückbautiteln für überkapazitiven Plattenbau in Wohnsiedlungen
  • Klimaschutzpläne in den Kommunen mit festem Bestandteil Kleingartenwesen
    • Kleingartenanlagen als Orte für eine klimagerechte Kommune
    • Nutzbarmachung von Förderinstrumenten basierend auf bestätigten kleingartenaffinen Klimaschutzplänen der Kommunen
  • Nachnutungsstrategien für ehemalige kleingärtnerische Pachtflächen
    • Untersuchung von leergefallenen Pachtflächen und Überkapazitäten auf Nachnutzungsmöglichkeiten
    • Bereitschaft der Kommune zur Übernahme und Überführung der Flächen in die neue Nutzung

4.3 Landkreise

  • Nutzung der Erteilung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit zur nachhaltigen Entwicklung im Kleingartenwesen
    • Kleingärtnerische Gemeinnützigkeit nur nach Durchführung von Vorort-Kontrollen; Einhaltung der Vorgaben des Bundeskleingartengesetzes
    • Wiedererteilung einer entzogenen kleingärtnerischer Gemeinnützigkeit nur nach bestätigten Entwicklungskonzeptionen zur Wiedererlangung
  • Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen als Mittel zum Abbau von Überkapazitäten
    • konsequente Zuteilung von freigelenkten Rückbauflächen von Kleingartenanlagen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Bundesnaturschutzgesetz
    • Zusammenarbeit mit Landschaftspflegeverbänden, Natura 2000- Stationen, Waldbauern, Landwirten ä. Institutionen zur Umnutzung ehemaliger Pachtflächen

4.4 Bundesländer

  • Ehrenamtsförderung für leistungsfähige Organisationsstrukturen im Kleingartenwesen
  • Landesförderprogramm zur Schaffung nachhaltiger Strukturen im Kleingartenwesen
  • Rückbautitel zur Beseitigung von Überkapazitäten
  • Titel zur anteiligen Finanzierung des Eigenanteils im Programmteil Revitalisierung von Brachflächen im Förderprogramm Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE)
  • Nutzung von Lottomitteln für die Umstrukturierung im Kleingartenwesen (Problem ist die Verfügbarkeit entsprechend dem Lottospielaufkommen)
  • Auflage eines Förderprogramms zur Freilenkung/ Umlenkung von Überkapazitäten durch Pächterumzug in den Kleingartenanlagen als Voraussetzung für zusammenhängende nachhaltig nutzbare Flächen
  • Bereitschaft zur Beteiligung der Bundesländer an den Bund-Länderprogrammen Städtebauforderung und Integrierte Ländliche Entwicklung zur Mitfinanzierung der Förderprogramme, um den Transformationsprozess zur Beseitigung unkontrollierten Leerstandes und von Überkapazitäten wirksam in Angriff zu nehmen

4.5 Bund

    • Öffnung der Förderrichtlinie Städtebauförderung von Bund, Ländern und Kommunen des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
      • namentliche Aufnahme des Kleingartenwesens in das Ziel : Herstellung nachhaltiger städtebaulicher Strukturen in von erheblichen städtebaulichen Funktionsverlusten betroffenen Gebieten
      • Kleingartenwesen als verpflichtender Bestandteil in Stadtentwicklungskonzepten und Klimaschutzplänen
      • Transformationsprozess zur Beseitigung von Überkapazitäten im Kleingartenwesen als Schwerpunkt im Programm „Wachstum und nachhaltige Erneuerung – Lebenswerte Quartiere gestalten.“
      • Förderung des Rückbaus im Kleingartenwesen mit einem pauschalen Fördersatz pro m² analog dem Rückbau von leerstehenden, dauerhaft nicht mehr gefragten Wohnungen

    • Nutzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie der Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen gemäß Bundesnaturschutzgesetz für den Transformationsprozess zur Beseitigung von Überkapazitäten und unkontrollierten Leerständen in den Kleingartenanlagen
      • Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz zur Einbindung des Transformationsprozesses im Kleingartenwesen in Förderinstrumente und Kompensationsmaßnahmen zum Umwelt-, Natur- und Artenschutz
      • Verstärkte Nutzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Windkraftanlagen
  • Aufnahme von Maßnahmen zum Transformationsprozess im Kleingartenwesen in das Förderprogramm Klimaschutzinitiative – Klimaschutzprojekte im kommunalen Umfeld (Kommunalrichtlinie) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
  • Installation einer Arbeitsgruppe von Bundesinstanzen und ausgewählten Vertretern des Bundesverbandes der Kleingartenvereine Deutschlands V. zur Erarbeitung der erforderlichen Maßnahmen

Der Transformationsprozess zur Entwicklung eines leistungsfähigen, gesunden und nachhaltigen Kleingartenwesens ist nur in einem gemeinsamen Miteinander aller oben aufgeführten gesellschaftlichen Instanzen zu bewältigen. Das vorliegende Strategiepapier, welches inhaltlich am 30.Januar 2024 durch die Landesvorsitzenden der ostdeutschen Landesverbände im Bundeskanzleramt in Gegenwart des Herrn Staatsministers und Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland Carsten Schneider diskutiert wurde bietet dafür eine Grundlage für einen Diskurs und daraus resultierende dringend erforderliche Handlungsansätze.

 

Berlin,30.Januar 2024

Gert Schoppa

Landesverband Berlin der Gartenfreunde e.V.

Fred Schenk

Landesverband Brandenburg der Gartenfreunde e.V.

Robert Kröger

Landesverband der Gartenfreunde Mecklenburg und Vorpommern e.V.

Olaf Weber

Landesverband der Gartenfreunde Sachsen-Anhalt e.V.

Tommy Brumm

Landesverband Sachsen der Kleingärtner e.V.

Dr. B. G. Wolfgang Preuß

Landesverband Thüringen der Gartenfreunde e.V.

Anschrift: Leipziger Str. 71, 98617 Meiningen Telefon: 03693 820 995 Fax: 03693 466 910 info@regionalverband-gartenfreunde-mgn-sm.de Jeden 1. und 3. Mittwoch im Monat 17.00 Uhr bis 19.00 Uhr